Rede:
Liebe Anwesende wir bedanken uns herzlich für Ihr/Euer kommen!
Wir, die Ini Rromnja sind ein Zusammenschluss von Berliner Rromnja und Sintizza, die nicht länger hinnehmen wollen, dass die Feindseligkeiten und Gewalt gegen uns und unsere Schwestern und Brüder verschwiegen, bagatellisiert oder gar gerechtfertigt werden. Wir setzen uns dafür ein Antiziganismus jeglicher Form zu benennen und zu bekämpfen.Rroma Aktivistinnen aus Ungarn haben zu internationalem Gedenken für die Opfer, der rassistisch motivierten Serienmorde gegen Rroma der Jahre 2008-2009 in Ungarn aufgerufen. Das heutige Gedenken findet weltweit in 148 Orten in Ungarn und international in New York, in Kansas City, in Toronto, in Derby, in Brisbane, in Granada, in Stockholm, in London, in Prag, in Hamburg, in München und in Nürnberg statt .
Wir solidarisieren uns ebenfalls mit Ihrem Aufruf und stehen hier in tiefer Trauer, um unsere ermordeten Schwestern und Brüder und in vollem Respekt vor ihren Familien und Communities.Der europaweite Antiziganismus erlebt seine gewaltvollen Höhepunkte in der Vertreibung und Ermordung von Rroma – der Boden auf dem diese Gewalt in historischer Kontinuität gedeiht ist jedoch strukturelle Diskriminierung, soziale Stigmatisierung und Alltagsrassismus gegen Rroma.
Am letzten Freitag fand in dieser Botschaft eine Diskussion statt- unter dem Titel: Sind Rroma ein Problem für Ungarn? Wir sagen: Nein! Ungarn ist ein Problem für Rroma! Allein dieser Titel ist ein Skandal und offenbart die Haltung der ungarischen Regierung.
Auf der Pressekonferenz in der ungarischen Botschaft zum Berlinale Film „just the wind“ verteilte das ungarische Ministerium für öffentliche Verwaltung und Justiz ein Flugblatt, welches wir als Individualisierung und ungeheuerliche Relativierung der rassistischen Gewalt gegen Rroma verstehen. In diesem Flugblatt finden wir kein Wort des Bedauerns, kein Wort an die Opfer, kein Kommentar zu den andauernden rassistischen Pogromen gegen Roma in Ungarn oder eine ernsthafte Aussage darüber, wie sich das Ministerium den Herausforderungen eines gewaltvollen Antiziganismus stellen wird.
Stattdessen rühmt sich das Ministerium der Einhaltung von Mindestanforderungen an jeden demokratischen Staat – nämlich der Klärung der Morde und der alsbald absehbaren Verurteilung der Mörder. Dies ist für uns eine absurde Relativierung dieser Taten und ein Leugnen der antiziganistischen Pogromstimmung in diesem Land. Nur als zynisch zu empfinden, sind dann die ebenfalls in diesem Flugblatt gemachten Äußerungen, dass in anderen Staaten auch rassistisch motivierte Morde begangen wurden.
Wir möchten heute den Opfern, ihren Familien und ihren Communities ein Stück ihrer Würde zurückgeben. Die rassistisch motivierten Morde sind individuelle Schicksale – aber Wut, Trauer und Angst sind gemeinsam geteilt. Die Erinnerung ist kollektiv und unser heutiges Gedenken solidarisch und vereint.